Erstes Kapitel
Versammlung im Wald
Das Blut schoss nur so durch meine Adern. Mein Herz schlug fest und - so wie es mir schien - unregelmäßig in meiner Brust. Meine Wangen waren heiß und wohl gerötet. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, obwohl ich mich eigentlich auf das, was vor mir lag konzentrieren sollte.Seit etwa zehn Minuten befand ich mich in einem Zustand von seltsamer Benommenheit. Seine Schulter an meiner lagen wir bäuchlings auf Laub und Moos.
Meine Augen waren auf eine Handvoll - in dunkelgrüne Kaputzenumhänge gehüllte - Gestalten gerichtet, die sich auf der Lichtung - in deren Mitte ein kleines Feuer brannte - vor uns zu einer Art Versammlung zusammengefunden hatten. Versteckt hinter einem Busch und unter einem dichten Schleier von kaum durchdringbarer Dunkelheit Lagen wir dort auf dem Waldboden.
Wir, das heißt, er und ich.
Mein Blick hing an einer der Gestalten, die nun um das kleine Lagerfeuer lief, mit leise murrender und für mich kaum verständlichen Stimme, wild mit den Händen gestikulierend auf die anderen einredete.
Mag es gewesen sein, dass ich den Redner nicht verstand, weil ich meinen eigenen Puls noch immer in den Ohren hatte oder weil der Wind seine, ohnehin schon leise Stimme nun auch noch von uns weg trug?!
Noch ehe ich wirklich begriffen hatte, über was ich da gerade nachgedacht hatte, fühlte ich einen unsanften Griff seiner Hand an meinem Oberarm.
Ich fühlte seinen Atem an meiner Haut als er, mit den Lippen dicht an meinem Ohr leise sprach.
"Der Wind hat gedreht, Arjan! Steh auf, wir müssen hier weg!"
Ich verstand die Bedeutung seiner Worte im ersten Moment nicht, doch dann wurde ein Knurren mehrerer Stimmen laut.
Als ich, von ihm noch immer am Arm gepackt, auf die Beine gezogen wurde - wir somit unsere Deckung aufgaben und unsere Anwesenheit verrieten - warf ich einen Blick über die Schulter zu den Gestalten, die wir eben noch beobachtet hatten; Sie Starrten allesamt in unsere Richtung, hatten erst nur drohend die Arme gehoben, doch jener, welchen ich als den Redner wieder zuerkennen glaubte, knurrte einen Befehl, der sich für mich wie ein solcher 'zum Angriff'
anhörte.
Was dann geschah konnte ich nicht mehr verfolgen.
Ordias Fingernägel gruben sich schmerzhaft in das Fleisch meines Oberarms.
"Nun mach schon." Fauchte er mich an, wärend er in einen schnellen Gang fiel und mich hinter sich her schleifte, "Oder sie werden uns noch erwischen!"
Erst als er merkte, dass ich von mir selbst aus mit ihm Schritt hielt, ohne dass er mich noch zerren mußte, ließ er meinen Arm los.
Mit der Hand des anderen Arms massierte ich kurz im Lauf den schmerzenden Muskel, wandte mich zu Ordia um, doch er wahr verschwunden.
Wieder wurden Rufe laut.
Die Gruppierung derer in Grün schien sich wohl dem Befehl gefügt zu haben.
Ich blieb - ganz gegen das, was ich gelernt hatte - stehen und schaute zurück in das Schwarz zwischen den Bäumen.
"ARJAN!" Erhallte Ordias Stimme aus entgegengesetzter Richtung derer, aus der nun zwei der Grünen - die mir in diesem Moment eher wie tiefschwarze Schatten erschienen - auftauchten.
"Wirst du wohl- ... Arjan jetzt komm!!!"
Wieder zu spät begriff in den Ernst der Lage und noch ehe ich mich zur Flucht entscheiden konnte, hatten mich die Gestalten von der einen und Ordia von der anderen Seite eingeholt.
Ordia stieß mich mit Wucht beiseite, dass ich zu Boden viel und fauchte, die Arme ausgestreckt und den Blick auf die Grünen gerichtet: "Was bist du heute so Schwerfällig?? Alles muss man selber machen! -Idiot!"
Noch ehe die beiden ihn erreichten, schleudert er ihnen etwas, einer weißen Lichtkugel nicht unähnliches, entgegen.
Auf diesen Angriff keineswegs vorbereitet, krachten sie getroffen gegen den nächsten Baum, rutschten benommen daran zu Boden und blieben so zusammengesackt sitzen, die Köpfe gegen die Brust gekippt.
"Das sind nur zwei von sechs. Die anderen sind nicht fern. Steh endlich auf!"
Mit einem schnellen Satz war er bei mir und zog mich, abermals am Arm gepackt wieder auf die Füße, ließ mich dann aber gleich wieder los und streckte mir die Hand entgegen.
"Gib mir deine Hand, du Hohlkopf," murrte er ungeduldig als ich nicht reagierte, "ich will dich nicht noch ein weiteres Mal verlieren!"
Ich weiß nicht ob es dieser Satz war, oder die Tatsache, dass er mich nun bei der Hand hielt während wir gehetzt zwischen den Bäumen hindurchwetzten, aber meine Wangen glühten wieder.
Mein Atem ging stoßweise, meine Beine schmerzten von dem schnellen Gang, den wir nun schon seit etwa 15 Minuten durchhielten und wegen der zahlreichen Wurzeln über die ich stolperte, weil ich sie in der Dunkelheit nicht sah.
Jedesmal, wenn ich mit einem Ausfallschritt versuchte, mein Gleichgewicht wieder zu finden, schnaubte Ordia verächtlich, aber sonst sprach er den restlichen Weg hinaus aus dem Wald kein einziges Wort.
Am Waldrand angekommen, dort wo wir unsere Pferde zurückgelassen hatten, als wir den Verhüllten in den Wald gefolgt waren, ließ er meine Hand los und knurrte reichlich säuerlich:
"So Dumm wie du dich bei dieser Aktion angestellt hast, hätten wir auch zu Pferde dort antanzen können."
Er schüttelte den Kopf heftig, griff nach dem Steigbügel, setzte den Fuß hinein und stieg gekonnt in den Sattel.
"Es.. es tut mir Leid..." Nuschelte ich, von seinen Worten getroffen, doch er ging nicht weiter darauf ein und ich wusste nicht einmal ob er diese Entschuldigung überhaupt gehört hatte, denn er wechselte mit gesenkter Stimme das Thema.
"Ich denke, wir haben sie abgehängt.. aber ich weiß nicht wie viele von denen im Wald wärend der Versammlung Wache standen..." Er wendete sein Pferd und sah zu mir hinunter, der ich immer noch betroffen neben dem Pferd stand, "Jetzt steig schon endlich auf! Bei deinem Tempo holen sie uns wohl doch wieder ein!"
Ehe ich richtig aufgesessen hatte, war Ordia schon in der Dunkelheit verschwunden.
Nur das Geräusch der Pferdehufe auf dem steinigen Weg, welcher uns nach Hause führte, verriet mir in etwa, wo er war.
Ich trieb meine zierliche, und etwas zu klein geratene Stute mit leichtem Druck an und holte zu Ordia und der seiner Stute auf.
Schweigend trabten wir nebeneinander her.
Ich hatte den Blick zum Himmel gerichtet.
Zwar waren wir nun aus dem Wald heraus, doch schien uns die Dunkelheit aus dem Wald zu verfolgen, da ich am Himmel weder Mond noch Sterne sah.
Als ich das Schweigen brach und Ordia meine Erkenntnis mitteilte.. einfach nur um irgend etwas zu sagen, murmelte er nur: "Weils bewölkt ist, du Fuchs." und trieb das Pferd zu einem schnelleren Trab an.
Ich beließ es dabei und folgte ihm den Rest des Weges wortlos.
Ende des ersten Kapitels
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